Engagiert für die Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in Leipzig!


Zur Würdigung von Mut und Zivilcourage der sächsischen Bürger beim Einsatz für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte 1989 hat der Sächsische Landtag am 17. Juni 2010 auf Antrag von CDU und FDP einstimmig beschlossen, dass in Leipzig bis zum Jahr 2014 ein Freiheits- und Einheitsdenkmal errichtet werden soll. Nachfolgend können Sie als Übernahme aus dem Plenarprotokoll den Hauptteil meiner Rede zu diesem Antrag lesen: 


Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten!

 

Es gibt wohl kaum ein passenderes Datum als den 17. Juni, um über die Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in Leipzig zu debattieren. Dies kann ich auch aus eigener Erfahrung unterstreichen.


Schon vor den großen Montagsdemonstrationen in Leipzig gehörte ich zum Gründerkreis einer sich formierenden Oppositionsbewegung aus der Leipziger Kultur- und Musikszene. Unsere Idee war es damals, mit den Mitteln der Kunst die individuelle Freiheit des Menschen und die Freiheit der Kunst zu demonstrieren. Diese Freiheit ist und bleibt ein unabänderliches Menschenrecht. Sie kann auf Dauer auch nicht durch eine Diktatur beseitigt werden.


Natürlich bekam auch ich zunehmend Probleme mit den sogenannten Sicherheitsorganen. Die Helden des 17. Juni haben diese jedoch in ganz anderer Form erfahren müssen.


Vor 57 Jahren hat die Deutsche Demokratische Republik unter anderem im damaligen Ostberlin zum ersten Mal offen ihr diktatorisches und antidemokratisches Antlitz gezeigt. Es kam an diesem Tag zur gewaltsamen Niederschlagung eines mutigen Volksaufstandes. Im sozialistischen Ungarn passierte im Jahre 1956 Vergleichbares, auch der Prager Frühling wurde im Jahre 1968 mit militärischen Mitteln gewaltsam beendet.
Nicht sehr viel besser ging man mit den Begründern und Anhängern der polnischen Solidarnosc um. Im gesamten sowjetischen Machtbereich wurden zur Durchsetzung und Erhaltung der Diktatur über 40 Jahre die Menschenrechte mit Füßen getreten. Trotz allem konnte der Freiheitswille der Menschen nicht gebrochen werden.


Auch in Leipzig kam es schon frühzeitig zum Widerstand gegen das kommunistische Regime. Lange, bevor auch ich als junger Mensch zur Oppositionsbewegung stoßen konnte, haben mutige und couragierte Mitmenschen ihre Stimme gegen die SED-Machthaber erhoben. Sie haben ein großes persönliches Risiko in Kauf genommen. Viele von ihnen bekamen die volle Macht und Unerbittlichkeit des Staates zu spüren. Sie alle können uns eine Geschichte erzählen, eine Geschichte von Bespitzelung, Schikane, Willkür, Gefängnis, Folter und insbesondere an der innerdeutschen Grenze auch von Mord.


Meine Damen und Herren! Die Diktatur fürchtet die Freiheit des Einzelnen, denn die Freiheit des Einzelnen ist der größte Feind der Diktatur.
Sie widersetzt sich dem Diktat und stellt damit für dieses eine enorme Gefahr dar. Deshalb muss jede Diktatur die individuelle Freiheit einschränken und bekämpfen. Auch ich habe das persönlich erlebt. Es hat den kommunistischen Betonköpfen jedoch nichts genutzt. Das Startsignal für die friedliche Revolution war längst in der Welt, der Boden war bereitet.


Nach der blutigen Niederschlagung des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 in der ehemaligen DDR haben sich wieder zuerst die Leipziger offen für die Freiheit erhoben. Von Leipzig aus begann ein ganzes Volk, der Diktatur kühn die Stirn zu bieten. Das verunsicherte die Machthaber, die sich doch offiziell gern als Interessenvertreter des Volkes gerierten und als Bewahrer der Menschenrechte aufführten. Sie zeigten sich schwach und verwundbar. Man versuchte in alter Manier die immer stärker werdende Freiheitsbewegung zu unterdrücken und zu beenden. Das war 1989 allerdings zwecklos, denn wie der Stasimajor in Erich Loests Fernsehfilm „Nikolaikirche“ formulierte: Mit allem haben wir gerechnet, aber nicht mit Gebeten und Kerzen.


Gegen Kerzen und Gebete konnten die SED-Machtstrategen nichts ausrichten. Vielmehr begriffen viele der SED-Machthaber damals ihre Chance, selbst freie Entscheidungen treffen zu können. Auch derjenige, der sich damals auf staatlicher Seite mit dem Volk verbündete und gegen Gewalt entschied, hat einen entscheidenden Anteil am Erfolg der friedlichen Revolution.

 

Getragen hat uns in dieser Zeit zunehmend der Wille zur Einheit des deutschen Volkes. Bismarck hatte Deutschland im Jahre 1871 geeint. Der unbeschreibliche Wahnsinn des Naziterrors führte jedoch dann zur Teilung. Dieses wohl tragischste und unfassbarste Ereignis der deutschen Geschichte hat unser deutsches Selbstverständnis dennoch nicht gebrochen.

 

(Beifall bei der CDU und der FDP)

 
Im Westen unseres Vaterlandes hatte man mit Unterstützung der Alliierten das Glück, wieder an die alten deutschen Errungenschaften von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit anknüpfen zu können. Diese Systemmerkmale waren und sind die Grundlage unserer Prosperanz und unserer weltweiten Achtung. Zurückgefunden haben unsere Schwestern und Brüder im Westen auch zu der jahrhundertealten Vision und dem Wunsch nach einem freundschaftlichen europäischen Miteinander. Denn nur gemeinsam mit unseren europäischen Freunden sind wir stark. Nur gemeinsam bleiben die unsäglichen Bruderkriege der europäischen Geschichte Vergangenheit. Nur gemeinsam ist das Unheil nationaler Diktaturen nachhaltig gebannt.

 

Dieses Bewusstsein haben wir während der friedlichen Revolution in uns getragen. Die Diktatur konnte es uns nicht nehmen. Lassen Sie uns gemeinsam mutig dafür streiten, dass uns nie wieder ein solches Unheil überkommt! Jeder Einzelne hat die Freiheit und die Pflicht, sich gegen staatliches Unrecht zu stellen. Als ein Volk wollen wir für ein menschenwürdiges und freiheitliches Leben, für einen menschenwürdigen und freiheitlichen Staat stehen. Zuerst dafür soll man uns in Europa und in der Welt achten. Dafür stehen wir auch als Sachsen. Das ist und bleibt unser sächsischer Stolz und unser sächsisches Selbstbewusstsein.

Für den Mut und die Zivilcourage aller Sachsen, die im Jahr 1989 und zuvor in diesem Sinne für unser Land gekämpft haben, wollen wir in Leipzig ein Denkmal bauen.

 

(Beifall bei der CDU, der FDP, der Abg. Petra Köpping, SPD, und der Staatsregierung)

 

Es soll zu allen Zeiten daran erinnern, dass Freiheit, Demokratie und Menschenrechte jeden Tag aufs Neue erkämpft werden müssen. Es soll zeigen, dass es sich lohnt, für diese Werte ein großes persönliches Risiko einzugehen. Das Denkmal soll in alle Ewigkeit ein Dankeschön sein für die Helden der friedlichen Revolution.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)